Bild: Tanja Rehm

Profilfach: Forschen und Entdecken

Wie, warum und für wen bringt man Wildnispädagogik ans Gymnasium? 
In Art. 131 der bayerischen Verfassung wird das Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt als eines der obersten Bildungsziele aufgeführt. Als Umwelt- und Biosphärenreservatschule will das Rhön-Gymnasium hier natürlich einen besonderen Beitrag leisten. Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) wird angesichts des sich ändernden Klimas und des immer größer werdenden Energiebedarfs immer wichtiger. Ein weiteres „Warum“ soll eine kleine Anekdote geben: Während eines Wandertags im Wald erzählte mir ein Schüler, er wäre früher gerne mit dem Hund draußen gewesen. Auf meine Frage hin, warum er das nun nicht mehr mache, entgegnete er, dass er nun ein Handy hätte. Später am Tag meinte er jedoch, dass er vielleicht doch eher mal wieder mit seinem Hund spazieren ginge.


Nach einer einjährigen Ausbildung, verbunden mit einigen Praktika mit Jugendlichen und Familien in den unterschiedlichsten Regionen Süd- und Mitteldeutschlands bei der Wildnisschule „Wildniswandern“, schien uns die Unterstufe bei den gegebenen Rahmenbedingungen am geeignetsten. Das Interesse an den Themenbereichen Bäume, Säugetiere, Vögel und Pflanzen ist in diesen Jahrgangsstufen in der Regel noch sehr groß und die Themen schaffen einen direkten Anknüpfungspunkt an die Grundschulzeit. Ein Testlauf im Schuljahr 2019/20 begann mit dem Wahlkurs „Draußen zuhause“ für Schüler und Schülerinnen der 7. Klassen.


Im Schuljahr 2020/21 konnten wir unser Konzept für die Schülerinnen und Schüler der Klassen 5c und 5d anbieten. Einige Selbsterfahrungen in der Natur durften die Kinder bereits im Rahmen der Kennenlerntage zu Beginn des neuen Schuljahres in Schönau machen. Nach einer kurzen Kennenlernrunde mit indianischem Redestab im Kreis am Lagerfeuer sollten die Kinder nach dem Motto „auf den Weg bringen“ ihren Weg zu einem Schatz in der Umgebung suchen. In kleinen Gruppen waren sie dabei mit einer Karte und der Rückendeckung eines Tutors in unbekanntem Gebiet unterwegs. Die Analogie zu ihrer Situation am Gymnasium war dabei natürlich rein zufällig. Nach einem gemeinsamen Mittagessen vom Lagerfeuer ging es in den Wald. Sich selbst erfahren in der Gemeinschaft ihrer Mitschüler stand nun auf dem Programm. Mit verbundenen Augen in der Stille des Waldes dem Ton einer Flöte folgen war für einige eine schwierige Aufgabe. Sich nur auf sein Gehör und das Tasten mit Händen und Füßen zu verlassen war sehr ungewohnt.


Der Unterricht fand in den nächsten Wochen meistens draußen statt. Sei es im Sitzkreis auf einer Wiese in der Nähe der Schule oder auf ein paar „Holzbänken“ in der Nähe des Kurparks. Beim Thema Bäume sollte beispielsweise eine Gruppe eine Knospe, einen Zweig und eine Stelle der Rinde eines Baumes so zeichnen, dass eine andere Gruppe genau diesen Baum und Zweig wiederfinden konnte. Darüber hinaus wurden viele schöne Steckbriefe von Bäumen angefertigt.


Die nächsten Themen mussten leider aufgrund der Coronalage im Distanz- oder Wechselunterricht vermittelt werden. Für unser Konzept, draußen in der Natur Erfahrungen zu sammeln, schien uns das Homeschooling völlig ungeeignet. Die Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit gerade auch außerhalb ihrer vier Wände hat uns jedoch überrascht.
Beim Thema Säugetiere ging es um Tierspuren und die Geschichten, die uns diese Spuren erzählen. Die verschiedenen Gangarten der Tiere konnten die Kinder bei sich zuhause gut ausprobieren und per Videoübertragung vorführen. Tierspuren wurden anschließend bei Familienspaziergängen im Schnee entdeckt und die Fotos auf der Cloud geteilt. Welches Tier es war, was es wohl dort gemacht hat oder wohin es unterwegs war, konnte man so in der nächsten Unterrichtsstunde zum Teil aufklären.


Im Rahmen des Wechselunterrichts konnten wir beim Thema Vögel zumindest mit den halben Klassen einen Vogelspaziergang entlang der Brend machen. Das Erkennen der Vögel an ihrem Gesang war dabei gar nicht so einfach.


Bei den Heilpflanzen war es ganz anders. Das Vorwissen hat uns erstaunt. Spitzwegerich, Breitwegerich, Schafgarbe, Giersch und Co wurden auf einem kurzen Kräuterspaziergang vor der Tür oder einer nah gelegenen Wiese sicher erkannt und mit in den Videounterricht gebracht.
Leider hat der Distanzunterricht viele schöne Möglichkeiten der Erfahrung mit und in der Natur verhindert. Das Engagement und das Interesse der Schülerinnen und Schüler war jedoch sehr groß. Die schönen Momente, die jedes Kind erleben durfte, tragen aber sicher dazu bei, unsere Natur als etwas Besonderes und Schützenswertes zu erachten.

Text: Tanja Rehm, Thomas Schulze

Bild: Hanna Debertshäuser

Bild: Sophie Mölter