Das Mittelstufentheater des Rhön-Gymnasiums zeigt eine brillante und hochkritische Collage aus Einaktern verschiedener Autoren

Von Stefan Kritzer

Bad Neustadt 

Es tut manchmal gut, die weltlichen Dinge mit etwas Abstand zu betrachten. Das schärft den Blick für das große Ganze. Die Mittelstufenschüler des Rhön-Gymnasiums machten sich hierfür bis zum Planeten Venus auf. Von dort auf das menschliche Tun und die Erde zu schauen, ist ziemlich ernüchternd. Das neue Stück des Mittelstufentheaters hat genau diesen fernen Blick zum Thema und verbindet hierfür eine ganze Reihe verschiedener Texte miteinander. 

Irgendwann, so der Menschheitstraum, hat jeder Erdenbewohner ein eigenes Häuschen auf der Venus. Um diesen Traum in Erfüllung gehen zu lassen, muss erst mal ein Erkundungstrupp zu unserem Nachbarplaneten fliegen. Und was stellen die Astronauten dort fest: Die Venus ist bewohnt! Nicht von Menschen, sondern von menschenähnlichen Bewohnern wie Flexus und Strato sowie den „fliegenäugigen Monstern“ die FÄUMs genannt werden. So blöd, wie sie von den Menschen gehalten werden, sind die Venusbewohner aber gar nicht. Sie setzen die Eindringlinge unter Drogen und wollen alle Wahrheiten erfahren, die auf der Erde so vor sich gehen. Das so entstehende Bild will den Venusbewohnern aber gar nicht gefallen. 

Den Blick von der Venus auf Mutter Erde hat sich das Mittelstufentheater selbst zusammengestellt. Den Rahmen hierfür bildete das Theaterstück „Ein Häuschen auf der Venus“ von Kenneth Lillington. Lehrer und Regisseur (gemeinsam mit Arno Weidinger und Selina Greier aus der 10c) Andreas Maier hat zu Lillingtons Text Einakter von Ephraim Kishon, Eugène Ionescu und Gerhard Polt hinzugefügt. Diese überzeichneten Theaterstücke, satirischer Art nach Kishon, absurder Art nach Ionescu und kabarettistischer Art nach Polt, halten der Erde bewusst und hochkritisch den Spiegel vor. 

Das Mittelstufentheater, das erstmals in der Sporthalle und nicht in der Aula spielte, bot rund 50 Mitwirkende auf, die in den unterschiedlichsten Szenerien mal auf der Erde, mal auf der Venus agierten. Das Bühnenbild reichte deshalb von der Oberfläche der Venus in kaltem Blau bis zum Kaffeehaus auf der Erde. Die eingeklinkten Einakter verdeutlichten das ganze Dilemma des gegenwärtigen Erdendaseins: Da treffen sich Unterhändler der USA und der UdSSR zu Abrüstungsgesprächen, freilich ohne Erfolg. Da planen Revolutionäre äußerst dilettantisch einen Anschlag und eine Verschwörung. Einem Herrscher, der reichlich kopflos daher kommt, huldigt ein Volk mit hysterischer Inbrunst. Und der Herr Tschabobo wird „nur“ als ein trommelnder „Neger“ in der Gesellschaft gesehen, obwohl er ein hochgebildeter Molekularbiologe ist. 

Was die Schülerinnen und Schüler des Mittelstufentheaters in diesem selbst ersonnenen Theaterabend auf die Bühne bringen, ist große Klasse. In vielen Aspekten hält die Theatergruppe der Welt den Spiegel vor und bohrt ganz tief in ewigen Wunden. Kein Wunder also, wenn die Venusbewohner am Ende die Erdlinge gerne wieder nach Hause schicken. Zu allem Überfluss interessieren sich letztere auch noch brennend für neue Waffen aus der Hand des Venusianers Mauschel. Den Bewohnern des Planeten Venus tun diese Erdenmenschen einfach nur leid. Wenn eines klar wird in diesem ebenso lustigen wie nachdenklichen Theaterstück, dann dass auf der Erde etliches so richtig schief läuft. Vom Publikum gab es lange anhaltenden Beifall für diese großartige Theaterleistung. Und viel Grund zum Nachdenken. 

Fotos: Stefan Kritzer