Zur Feier des 90. Geburtstages des Rhön-Gymnasiums Bad Neustadt und zum Schulanfang fand in der Stadtpfarrkirche ein ökumenischer Wortgottesdienst
statt. Gäste waren (von links) Dekan Dr. Andreas Krefft, Pfarrer Gerd Kirchner, Dekan Dr. Matthias Büttner, Generalvikar Thomas Keßle… Foto: Brigitte
Chellouche

Traditionell findet zu Beginn des Schuljahres im Rhön-Gymnasium ein Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche statt. In diesem war die Besonderheit dabei, dass ehemalige Schüler des Rhön-Gymnasiums zur Feier des 90. Geburtstages der Schule eingeladen wurden, um von ihrer Schulzeit zu erzählen. Gekommen waren unter anderem die Kirchenvertreter Generalvikar Thomas Keßler, Domkapitular Dr. Jürgen Vorndran, Pfarrer Heinz Röschert, Diakon Thomas Volkmuth und der evangelische Pfarrer Gerd Kirchner. 90 Jahre Rhön-Gymnasium seien ein Grund zum Feiern, sagte Schulleiterin Dr. Kerstin Vonderau. Die Schüler hätten dies schon beim Schulfest im Juli getan und nun würde man in der Kirche noch einmal feiern. “Das ist der christlichen Tradition unseres Landes geschuldet.” Ökumene im weitesten denkbaren Sinne sei am Rhön-Gymnasium eine Selbstverständlichkeit. Sie selbst habe die Schule schon 45 Jahre miterlebt, erst als Schülerin und Praktikantin, dann als Gastkorrektorin, später als Mutter und jetzt als Lehrkraft und Schulleiterin. Das Rhön-Gymnasium habe sich in den 90 Jahren in vielerlei Hinsicht verändert. Es sei gewachsen,
geschrumpft und wachse jetzt wieder. Es sei an- und umgebaut worden. Die wichtigste Veränderung jedoch, betonte die Schulleiterin, sei die Tatsache, dass heute jedes Kind, egal ob Mädchen oder Junge, egal mit welchem wirtschaftlichen, kulturellen, politischen oder religiösen
Hintergrund, das Rhön-Gymnasium besuchen kann. Da sei im Jahr der Gründung keineswegs so gewesen.

Abitur in allen Fächern
Sie seien gebeten worden, einiges aus ihrer Schulzeit zu erzählen, begann Generalvikar Thomas Keßler. Sein Ausspruch “Gott sei Dank für diese Schule. Wir haben sie hinter uns, ihr habt sie noch vor euch”, rief einiges Schmunzeln hervor. Heinz Röschert erzählte, dass er vor 63 Jahren Schulzeit von acht auf neun Jahre verlängert. Man habe keine Fächer ablegen können und auch in Kunsterziehung Abitur machen müssen. Er wünsche sich, dass das menschliche Miteinander zwischen Schülern und Schule nicht zu kurz komme. Er sei am ersten Schultag im Gymnasium mit Anzug und Krawatte anmarschiert, sei Ministrant gewesen, habe die zwölfte Klasse wiederholt und dann kurz vor dem Abitur die Schule abgebrochen, zählte Diakon Thomas Volkmuth seinen Werdegang in Kurzform auf. Er habe es den Lehrern nicht einfach gemacht. Und eigentlich wollte er nie Diakon werden. Doch es sei so gekommen. Daher gab er den Schülern mit, dass nicht alle Wege geradlinig seien, jeder Mensch habe eine Aufgabe. “Abi-Jahrgang 1977, Neustädter Ureinwohner, Thomas Keßler”, stellte sich der Generalvikar vor. Die Freistunden hätten sie gerne in der Weinstube Dörr verbracht, erzählte er, und er sei politisch engagiert gewesen. Mit Bedauern denke er daran, dass sie als Schüler manchmal zu Lehrern, die vom Zweiten Weltkrieg gezeichnet waren, hart gewesen seien. 1977 habe er noch das Gesamtabitur in allen Fächern ablegen müssen. Im nächsten Jahrgang wurde die Kollegstufe eingeführt. Bemerkenswert sei, so Keßler, dass drei Schüler aus seinem Jahrgang Pfarrer geworden seien. Er, Georg Klar aus Fladungen und Gerd Kirchner aus Ostheim.

“Ich war ein Revoluzzer”
“Ich war ein Revoluzzer. Solche Kasper braucht es”, sagte Gerd Kirchner aus Ostheim, jetzt Pfarrer in Bad Brückenau. Er sei Fahrschüler gewesen, dadurch sei er isoliert gewesen und habe keine Heimat in der Schule gefunden. Die Schule sei sein Lernfeld gewesen, dort habe man ihm das gegeben, was er für seinen Beruf braucht. Und dann sei er seinen Weg gegangen. Wichtig sei, dass man Schüler als Mitglieder der Gesellschaft begreift. “Bildung wird am effektivsten, wenn sie mit Achtung und Wahrheit einhergeht”, sagte Kirchner.
Den Wert der Freiheit schätzen In seinem Grußwort zeigte sich Dekan Andreas Krefft tief berührt. Er sei im Danziger Raum geboren worden und habe 1982 Abitur gemacht. 100 Tage vor dem Abitur hätten sie Lieder gegen den Kommunismus gesungen. Die Polizei sei gekommen und habe sie geschlagen. Er sei fünf Tage krank gewesen. “Frei leben zu dürfen, ist eine Gnade”, rief der den Schülern zu. Die “Fridays for future”-Bewegung sei mutig und habe recht, sie wollten die staatlichen Organe aufrütteln, sagte Krefft. Dr. Matthias Büttner habe 1983 Abitur gemacht, zwar nicht in Bad Neustadt, sagte er, aber er richtete die Grüße von Pfarrerin Claudia Voigt und Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp aus, die beide das Rhön-Gymnasium besucht haben. Er sagte zu den Schülern: “Denkt daran, wenn es nicht so rund läuft, es gibt immer einen Plan für euer Leben, den hat Gott gemacht.”

Die Vorteile eines Fahrschülers
Als letzter erinnerte sich Landrat Thomas Habermann in seinem Grußwort an seine Zeit am Rhön-Gymnasium. Er sei auch aus Bad Neustadt, immer spät aufgestanden, aufs Fahrrad gesprungen und zur Schule gefahren. Die Fahrschüler wie Pfarrer Gerd Kessler, hätten große Vorteile gehabt. Sie hätten im Zug die Hausaufgaben abgeschrieben und Schafkopf gespielt. Er habe in der Bad Neustädter Stadtpfarrkirche ministriert und sei von der Kirche geprägt. “Denkt daran”, sagte er zu den Schülern, “alle Lehrer meinen es gut mit euch, auch wenn es manchmal nicht so aussieht”. Abschließend sprach er mit Blick auf den Altarraum, wo nur männlicheStadtpfarrkirche ministriert und sei von der Kirche geprägt. “Denkt
daran”, sagte er zu den Schülern, “alle Lehrer meinen es gut mit euch, auch wenn es manchmal nicht so aussieht”.

Brigitte Chellouche
18. September 2019
erschienen in der Main-Post