Digitales Weihnachtskonzert 2020 – Never give up!

September 2020
Die Fachschaft Musik ist nach den entfallenen Veranstaltungen RG-Lounge, Kammer- und Sommerkonzert hoch motiviert, ein besinnlich-festliches Weihnachtskonzert auf die Beine zu stellen – wohl wissend, dass dies wohl möglicherweise mit Einschränkungen einhergehen wird. Varianten wie ein Konzert mit Zuschauerbeschränkung bzw. der Wiederholung des Konzertes an zwei aufeinanderfolgenden Tagen werden ins Auge gefasst und die Probenarbeit zumindest mit den einzelnen Registern bzw. Stimmlagen wird begonnen.

Oktober 2020
Die Auflagen werden strikter, die Fachschaft Musik verabschiedet sich von dem Gedanken, in der Christuskirche vor reduziertem Publikum spielen zu dürfen. Sowohl der Abstand der Musiker zueinander als auch beim Publikum kann dort nicht umgesetzt werden. Als Alternative entsteht die Idee, die einzelnen Ensembles mit entsprechendem Abstand (und technischem Aufwand) in den Turnhallen aufzunehmen (Bild und Ton) und dann am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien zunächst in alle Klassenzimmer als Live-Konzert zu streamen. Danach sollen die Aufnahmen in der Schul-Cloud auch dem Rest der Schulfamilie (vor allem natürlich den Eltern) zur Verfügung gestellt werden.

Mitte Oktober 2020
Die Streaming-Variante ist vom Tisch, da sonst in der Turnhalle eine zu hohe Durchmischung von Schülerinnen und Schülern aller Jahrgangsstufen in kurzer Zeit stattgefunden hätte.
Stattdessen verfolgt man nun die Idee, die Ensembles einzeln mit entsprechenden Lüftungspausen und Raumreinigungen aufzunehmen, abzumischen, zusammenzuschneiden und dann am letzten Schultag als Zusammenschnitt zu zeigen.

Anfang November 2020
Nach den neuesten Verschärfungen dürfen nur noch 10 BläserInnen bzw. SängerInnen gleichzeitig in einem geschlossenen Raum musizieren. Um das Konzert nicht streichen zu müssen, wird das Konzept entwickelt, die einzelnen Register (z.B. nur Trompeten) bzw. Stimmlagen im Chor einzeln aufzunehmen und dann in mühevoller Arbeit am Computer „zusammenzukleben“.

Mitte November 2020
Die Hygienevorschriften sind weiter verschärft worden. Jetzt dürfen SängerInnen und BläserInnen nur noch einzeln in einem Raum (bei ausreichend Luftaustausch) musizieren.
Wirklich alle MusikerInnen einzeln aufzunehmen und dann digital zusammenzusetzen – als hätten sie gemeinsam und gleichzeitig in einem Raum musiziert – ist für die Fachschaft Musik kaum alleine zu stemmen. So begibt man sich auf die Suche nach externen Partnern.
Mit Julius Gass (ABI 2008), Michael Haubner (ABI 2005) – zwei ehemaligen Schülern des Rhön-Gymnasiums – und Jonathan Balling, dem Bruder des Musiklehrers Benjamin Balling, sind bald drei äußerst kompetente Helfer gefunden. Die Ensembles beschränken sich auf je ein Stück, diese werden im Einzelunterricht bzw. zu Hause mit Hilfe von Hördateien geübt.

Anfang Dezember 2020
Die Schule stellt am 09.Dezember auf Wechselunterricht um und als letzter Schultag wird der 18. Dezember festgelegt. Somit werden die Probemöglichkeiten weiter eingeschränkt, da nun nicht mehr alle Schüler zu den ursprünglich geplanten Probezeiten im Haus sind.
Mit dem neuen letzten Schultag ergibt sich zusätzlich der Zwang, die Fertigstellung des Konzertes vorzuverlegen, um die Videos für beide Schülergruppen (A am 17. Dezember und B am 18. Dezember) zeigen zu können.

Mitte Dezember
Die Tonaufnahmen sind unter Dach und Fach und werden von Jonathan Balling bzw. Julius Gass gemixt und gemastert. Parallel laufen die Videoaufnahmen, die mit den Tonaufnahmen kombiniert werden sollen. Beim anschließenden Videoschnitt greift zusätzlich Michael Haubner mit unter die Arme.
Drei Tage vor dem letzten Schultag muss die Schule schließlich auf Distanzunterricht umstellen. Wieder einmal muss die Planung umgeworfen werden und es wird festgelegt, das Konzert am 20. Dezember auf die Schul-Homepage hochzuladen. Entsprechende Rechtsfragen werden mit der GEMA geklärt.

20. Dezember 2020
Das digitale Weihnachtskonzert des Rhön-Gymnasiums 2020 ist online!
Es hat sich für alle gelohnt – Never give up!
Halleluja und frohe Weihnachten ;-)!

Digitales Weihnachtskonzert 2020 – In der faszinierenden Welt von Multitracking und Split Screen

Seit Mitte September war für die Fachschaft Musik klar: Nach den entfallenen Schulkonzerten im Frühjahr und Sommer 2020 würde auch das Weihnachtskonzert am 21.12.2020 nicht in gewohnter Art und Weise stattfinden können. Im Lauf der nächsten Wochen musste die ursprüngliche Konzeption dann jedoch mehrfach abgeändert werden (siehe oben)!
Mitte Dezember schließlich wurde am Rhön-Gymnasium der Raum E080 in ein provisorisches Tonstudio verwandelt. Der Raum wurde unter anderem mit Tüchern und Absorber-Stellwänden akustisch „kleiner“ und trockener gemacht und mit professionellen Mikrofonen sowie entsprechender Aufnahme-Hardware und -Software ausgestattet. An zwei aufeinanderliegenden Wochenenden kamen nun die Musikerinnen und Musiker des Percussion Ensembles, der Small Band und der Big Band in die Schule, um unter strenger Einhaltung aller Hygieneschutzregeln ihren Instrumentalpart nacheinander und einzeln aufzunehmen – eine für nahezu alle ungewohnte aber gleichzeitig äußerst spannende Erfahrung. Jedes Instrument musste mit geeigneten Mikrofonen – beim Schlagzeug sogar sieben Stück – abgenommen werden. Diese wurden jeweils auf die unterschiedliche Spielposition und das jeweilige Instrument aufgestellt und eingepegelt. Über Kopfhörer bekamen die Spielerinnen und Spieler dann den sogenannten „Backing-Track“, eine vorproduzierte Variante des Liedes mit einzelnen Stimmen bzw. einer Metronomspur – dem Klick –, vorgespielt. Zu dieser Aufnahme spielten sie quasi „Karaoke“ und wurden dabei zusätzlich von Benjamin Balling dirigiert und von Jonathan Balling aufgenommen. Nur so konnte gewährleistet werden, dass wirklich alle Aufnahmen in gleichem Tempo sowie ohne Übersteuerungen oder Nebengeräusche gemacht werden.
Mit diesem Aufnahmeverfahren benötigte allein die Big Band für die reinen Tonaufnahmen ca. 30 Stunden (bei knapp 4 Minuten Endergebnis)!
Bei den Sängerinnen und Sängern des Vokalensembles war aufgrund deutlich geringerer Schallpegel zwar keine komplizierte Mikrofonierung nötig, dennoch war die Arbeit im Vorfeld umfangreich. So unterrichtete Andrea Oehme über Wochen die Sängerinnen und Sänger im Einzelunterricht und stellte Hördateien zum Üben zuhause zur Verfügung. Anschließend wurden die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, ihren jeweiligen Part selbständig(!) zu Hause mit dem eigenen Smartphone ebenfalls mit Hilfe von Backing-Tracks aufzunehmen, was durchaus anspruchsvoll in der Umsetzung war. Julius Gass, ehemaliger Schüler und selbständiger Tonmeister, hatte hierzu einen genauen Leitfaden vorgegeben, wie dies zu bewerkstelligen sei. So galt es zum Beispiel, möglichst in einem Raum mit Teppichboden bzw. mit offenen Kleiderschränken aufzunehmen, um auch hier einen möglichst trockenen Roh-Klang zu bekommen.

Als alle Aufnahmen im Kasten waren, wurden diese gesichtet, einheitlich benannt und in mehreren digitalen „Paketen“ über WeTransfer via Internet an Julius Gass nach Köln geschickt, der das Mixing und Teilen des Videoschnitts übernahm. Hier wurden nun die Spuren zusammengefügt, Töne korrigiert, Spuren spektral gewichtet, dynamisch in Form gebracht und aufeinander abgestimmt. Panorama und Nachhall sowie ein geschmackvoller Effekteinsatz schafften zusätzliche klangliche Ebenen und machten die Mischung spannend und plastisch. Der abschließende Schritt der Audiobearbeitung, das Mastering (ideales Zusammenspiel von Dynamik und Klangverdichtung), brachte die Stücke schließlich auf ein beeindruckendes klangliches Niveau.
Im nächsten Schritt ging es nun an die Erstellung der Videos zu den Liedern. Auch hier orientierte man sich am professionellen Musikbusiness: Alle Beteiligten waren nun aufgefordert, zu den eigenen Aufnahmen im „Playback“-Modus ein ansprechendes Video aufzunehmen – ohne die Anspannung der Tonaufnahme, ohne störende Mikrofone oder Kopfhörer und – soweit umsetzbar – vor einer selbst gewählten Kulisse. Analog zu den Tonaufnahmen wurden nun auch hier die einzelnen Videos nach Köln gesendet, um in detailverliebter Kleinarbeit sogenannte Split Screen-Videos zu erstellen – Videos, bei denen die einzelnen Akteure mit ihrem Video alle gleichzeitig auf einem Bildschirm zum Teil noch mit verschiedenen Überblendungen zu sehen sind.
Weil aus oben beschriebenen Gründen der Termin der Fertigstellung nach vorne rückte, wurde zusätzlich mit Michael Haubner ein weiterer ehemaliger Schüler mit ins Boot geholt, der dankenswerterweise den Videoschnitt für die Small Band und das Percussion Ensemble übernahm.
Im Videobeitrag des Streichensembles wurden die Klänge der gemeinsamen Aufnahme (Streichinstrumente durften tatsächlich noch länger gemeinsam proben als Blasinstrumente und SängerInnen) durch eine Bildpräsentation von Leonie Sernow (Klasse 9a) ins Licht der Weihnachtsmärkte gerückt.

Am 20.12.2020 war es nun endlich soweit:
Mit der engagierten Mithilfe unserer Schulleiterin Frau Dr. Vonderau und Christian Marienfeld sowie letzten Rücksprachen mit der GEMA konnten die Videos rechtzeitig vor Weihnachten auf den schuleigenen Server hochgeladen und so der gesamten Schulfamilie zur Verfügung gestellt werden – ein wahrer Kraftakt aller Beteiligten, aber auch eine wunderbare Erfahrung für alle Teilnehmenden mit einem Ergebnis, an das man sich noch lange und gerne erinnern wird!

Benjamin Balling
für die Fachschaft Musik