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Geboren 1926 – die verlorene Generation

Herr Kalisch bei seinem Vortrag vor der Klasse 9c.

Wie erlebte ein Jugendlicher der „Verlorenen Generation“ (geboren 1920-1929) Kindheit und Jugend in der ausgehenden Weimarer Republik, unter Hitler und im Krieg? Was bedeutet es für einen 1926 Geborenen, wenn sein Leben ab dem sechsten Lebensjahr bis zum Alter von 23 von Diktatur, Kriegsdienst und Gefangenschaft bestimmt wird? Welche Folgen ergeben sich daraus für die Zeit „danach“? Darüber sprach Herr Kalisch anhand zahlreicher Bilder und Dokumente seines Vaters Hans im Rahmen des Geschichtsunterrichts der 9c. Anders als die meisten Männer dieser Generation sprach der Vater tatsächlich über das Erlebte.

Ausgehend von einer präzisen Einordnung in den historischen Kontext erweckte Herr Kalisch das Schulbuchwissen zum Leben. So schilderte er beispielsweise, wie der Vater im Totalitarismus schon von Kindesbeinen an durch Jugendorganisationen wie die HJ zum Soldatensein erzogen wurden. Da war es nur konsequent, dass der erst 16-Jährige Hans Kriegsdienste zu leisten hatte und bereits als 18-Jähriger eingezogen wurde, ohne die Schule abschließen zu dürfen. Wohlgemerkt: Nach damaligem Recht als Kindersoldat, denn mündig war man erst mit 21. Und das auch noch 1944, als der Krieg im Grunde schon verloren war – quasi als „Kanonenfutter“. Allein in den letzten Kriegswochen fielen ca. 60.000 deutsche Kindersoldaten. Unter allen Jahrgängen von 1920 bis 1929 starben mehr als 1,5 Millionen Soldaten. Vielen Zufällen, pubertärer Unlust und Aufmüpfigkeit, Mut und zutiefst menschlicher Unterstützung ist es zu verdanken, dass der minderjährige Hans den Krieg überlebte.

All diese Erlebnisse prägten die Lebenshaltung des Vaters dauerhaft: „Krieg ist das Schlimmste, was es gibt“, gab er seinen Kindern mit. Seine hohe Wertschätzung galt der Demokratie, die den Menschen Freiheit garantiert, damit sie ihre Jugend genießen, den Schulbesuch abschließen und die Lebensplanung individuell bestimmen können. Die Worte und Geschichte des Vaters hinterließen auch bei den Schülerinnen und Schülern einen tiefen Eindruck. Dies zeigte sich nicht nur in ihren berührenden Fragen, sondern ebenso im Applaus, mit dem sie Herrn Kalisch für seinen Vortrag dankten.

 

Text: Dorothea Bernklau
Bild: Frank Stürmer

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